Schwangerenvorsorge: Konflikt zwischen Ärzten und Hebammen scheint gelöst
Unsicherheiten nach einem Urteil des Bundessozialgerichts
Vor gut zwei Jahren gab es ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG vom 11.2.2015, B 6 KA 15/14 R, Rd-Nr. 38), das sich auf die Abrechnung der Quartalspauschale (EBM 01770) für Ärzte bei einem Wechsel der Schwangeren zu einem anderen Arzt bezog. Dennoch löste dieses Urteil Unsicherheit aus. Bundesweit entstand bei vielen niedergelassenen Ärzten die Sorge, dass bestehende Kooperationen mit Hebammen in der Schwangerenvorsorge deshalb zu Abrechnungsproblemen mit den gesetzlichen Krankenkassen führen könnten. In der Folge wurden viele Kooperationen aufgekündigt und Schwangere vor die Wahl zwischen ärztlicher und hebammenhilflicher Schwangerenvorsorge gestellt.
Inzwischen scheint in Bezug auf die Abrechnungsmöglichkeit der pauschalen Vergütung der Gynäkologen im Bereich der Schwangerenvorsorge nun auch auf Seiten der Frauenärzte Rechtssicherheit zu bestehen. Darauf lässt ein Artikel der Justiziarin des Berufsverbands der Frauenärzte, Rechtsanwältin Claudia Halstrick, in der Fachzeitschrift „Frauenarzt“ schließen.* Sowohl die juristische Einschätzung der den DHV beratenden Kanzlei Hirschmüller wie auch die Veröffentlichung der Rechtsanwältin Halstrick sind dahin gehend übereinstimmend, dass Frauen die Wahl haben, welche Vorsorgeuntersuchungen sie beim Arzt und welche bei der Hebamme wahrnehmen möchten. Aus der Ausübung dieses Wahlrechts darf beiden Berufsgruppen kein Abrechnungsnachteil entstehen. Ein Wechsel der Schwangeren innerhalb der verschiedenen Berufsgruppen widerspricht nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot, dem beide Berufsgruppen unterliegen.
Für Hebammen ist die Abrechnung einfach, denn sie rechnen jede Leistung einzeln ab. Anders bei den Ärzten. Dort wird für die Betreuung der Schwangerschaft eine pauschale Vergütung für die Leistung eines Quartals abgerechnet. Es sei, so Halstrick, für die Abrechnung der EBM (01770) allerdings ausreichend, wenn der Arzt die vorgesehenen Termine laut Mutterschaftsrichtlinien lediglich anbiete. Die Frau entscheide, ob sie die nachfolgenden Termine bei ihm oder der Hebamme wahrnehmen möchte. Aus dieser Entscheidung entstehe dem Arzt kein Nachteil. Kooperationen, in denen jeder Leistungserbringer (Hebamme/Arzt) die jeweilige Vorsorgeuntersuchung vollständig erbringt, lassen also für keine Berufsgruppe Regressforderungen erwarten.
Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass alle Leistungserbringer jeweils das anbieten, was die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen. Eine gute und offene Aufklärung über das Angebot ermöglicht Schwangeren eine informierte Entscheidung – und stärkt zudem ihre Eigenverantwortung.
Die Hilfe der Hebammen ist nicht durch ärztliche Leistungen zu ersetzen. Umgekehrt gilt das Gleiche. Und so ist es sicherlich im Sinne der meisten Schwangeren, wenn die gute Tradition der Kooperation zwischen beiden Berufsgruppen fortgeführt oder aufs Neue begonnen wird. Unsicherheiten im Bereich der Abrechnungsmöglichkeiten sollten einer vertrauensvollen Kooperation künftig nicht mehr im Wege stehen.
Katharina Jeschke
Beirätin für den Freiberuflichenbereich
*Der Artikel „Die Vergütung der ärztlichen Schwangerenvorsorge nach den Mutterschaftsrichtlinien – aktuelle Entwicklungen“ ist in der Fachzeitschrift für Gynäkologen „Frauenarzt“ erschienen (Ausgabe 6/17, Seite 460 ff.). Für LeserInnen der „Frauenarzt“-Ausgabe ist der Artikel unter Verwendung eines Passworts auch online nachzulesen